Schreiben im Job

Autorin im Gespräch 17: Anke Ernst | Einfach können – GUTE TEXTE

Geschrieben von Sonja

Ich lernte die Autorin und Schreibmentorin, Anke Ernst, im Rahmen des Autor*innentreffs von der Buchschmiede kennen. Sie gewann ein Treffpunkt Schreiben-Coaching. Als sie mir Ende 2022 im ZOOM-Coaching von dem Buchprojekt erzählte, war dieses noch in der Konzeptphase. 

Mittlerweile ist ihr Duden-Ratgeber Einfach können – GUTE TEXTE veröffentlicht. Wir gratulieren herzlich und freuen uns, über Interview Nr. 17 im Rahmen unserer Blog-Serie, Autor*innen im Gespräch. Anke gewährte mir Einblick in ihr Leben als Schreibende und beantwortete u. a. folgende Fragen:

  • Wie sieht ihr Schreiballtag aus?
  • Wie kam der Kontakt zum Dudenverlag zustande?
  • Nutzt Anke Künstliche Intelligenz zum Texten?
  • Weshalb betont sie den Aspekt der “eigenen Schreibstimme” in ihrem Buch?
  • Welchen Stellenwert hat Social Media – ihrer Meinung nach – für den Erfolg eines Buchprojektes?
  • Weshalb ist Anke auf den Plattformen Pinterest und Linkedin aktiv, jedoch nicht auf Facebook und Instagram?
  • Welche zwei Tipps gibt sie uns, um bessere Texte zu schreiben?

 Lass dich inspirieren! ich wünsche dir viel Freude beim Lesen.

Stell dich bitte unseren Leser*innen vor:

Anke Ernst mit Buch Gute Texte, Duden Verlag

Hallo und vielen lieben Dank für Eure Einladung!

Ich heiße Anke, bin Schreibmentorin, selbst Autorin und zertifizierte Bildungsreferentin. Auf „Die Welt in Deinen Worten“ blogge ich – dort könnt Ihr Euch auch zu meinem wöchentlichen Newsletter anmelden.

 

Wie hast du das Schreiben für dich entdeckt?

 

Autorin wollte ich immer schon werden. Aber es war ein diffuser Wunsch. Wie funktioniert sowas? Ich hatte keine Ahnung. Rückblickend weiß ich, dass ich das Richtige tat: Ich schrieb. Zwar in mein Tagebuch, um meine Gedanken zu ordnen, aber ich schrieb.

Im Deutschunterricht war ich allerdings eher Mittelmaß. Trotzdem studierte ich Literaturwissenschaften. Ich lernte viel über Sprache und gute Texte, aber nichts darüber, sie selbst zu schreiben. Fast wäre ich an meiner Abschlussarbeit gescheitert, aber damit wollte ich mich nicht abfinden. Ich las Bücher übers Schreiben und entdeckte eine neue Welt: Schreibstrategien, Systeme, den Mut zur eigenen Schreibstimme.

Trotzdem dauerte es nach meinem Abschluss einige Jahre, bis ich freiberufliche Autorin wurde. Ich ging auf Weltreise und schrieb einen Reiseblog, arbeitete in der Marketingabteilung eines Großkonzerns, machte ein Volontariat, leitete ein Kunstmagazin. Irgendwann dachte ich: OK, jetzt oder nie. Und sprang in die Selbstständigkeit.

Inzwischen habe ich mein System sogar in einen Schreibkurs gepackt. Er heißt „Der Schreib-Code“.

Du bist seit 2015 als freie Autorin tätig. Wie sieht dein Schreiballtag aus?

Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, schnell zu schreiben. Das geht, weil ich mich nicht vor mir selbst schäme und mein PR-Ich (oder auch: innere Kritikerin) beim Schreiben Pause macht. Seit mein Sohn auf der Welt ist, schreibe ich, wenn ich tagsüber zehn Minuten Zeit hab. Wenn der Kleine abends im Bett liegt, konzipiere und überarbeite ich.

Fürs Überarbeiten brauche ich übrigens länger, denn ich liebe es, am Text zu feilen und daraus ein kleines Kunstwerk zu schaffen. Wenn ich das Feedback bekomme, dass sich meine Texte leicht lesen, ist das für mich ein Kompliment. Es ist wie beim Ballett: Wenn’s leicht aussieht, stecken Schweiß und Disziplin dahinter.

Dein Ratgeber Einfach können – GUTE TEXTE wurde vom Dudenverlag veröffentlicht. Wie kam der Kontakt zustande?

Fast hätte ich die E-Mail in den Spam-Ordner geschoben. Aber sie war wirklich von einer Duden-Redakteurin. Ob ich Interesse hätte, für den Duden einen Ratgeber zu schreiben? Meine Art zu schreiben sei genau das, was sie suchten. Ähhh … jaaaa!

Bei meinem Blog habe ich von Anfang an auf SEO (Suchmaschinenoptimierung) gesetzt. Das hat sich ausgezahlt. Auf der Suche nach Autor*innen fand die Duden-Redakteurin meine Website und war besonders von einem bestimmten Blogartikel angetan.

Ich hab ihn vor Jahren geschrieben, seitdem mischt er auf den oberen Google-Plätzen für Keywords wie „texte besser formulieren“ mit.

Lass uns bitte über deinen Schreibprozess bei der Entstehung des Buches sprechen: Wie hast du den Schreibprozess angelegt?

Die Redakteurin war zwar überzeugt, ihre Redaktionskolleginnen aber noch nicht. Ich schrieb also ein Exposé. (Das hätte ich so oder so geschrieben, denn am Anfang eines durchdachten Buchs steht idealerweise ein Konzept.) Mein Exposé wurde begeistert angenommen. Und dann ging’s los.

Dank meiner Kundinnen und Kunden weiß ich, womit Schreibende hadern. Trotzdem überraschte es mich, wie schnell ich die Kapitel runterschrieb. Zum Glück, denn ich war hochschwanger, es war Hochsommer, und manchmal verabschiedeten sich ein paar Gehirnzellen, um ein Kind zu erschaffen. Meist schrieb ich zur blauen Stunde auf dem Balkon.

Als mein Sohn auf der Welt war, ging’s ans Überarbeiten. Mich zwischen Baby-Charme-Überfällen in ein Kapitel oder einen Textabschnitt reinzudenken, klappte erstaunlich gut.

Holst du dir für das Schreiben deiner Bücher Unterstützung?

Ich fand‘s schon immer seltsam, dass auf einem Buchcover nur ein Name steht. Viele Menschen sind an einem Verlagsbuch beteiligt, in Redaktion, Lektorat, Korrektorat, Satz, Coverdesign, you name it.

Als Autorin habe ich den für mich schönsten Job – mir was ausdenken, eigene Worte finden, schreibend nachdenken, andere inspirieren, ihnen zu neuen Erkenntnissen verhelfen. Ich fühle mich privilegiert.

Natürlich bilde ich mich fort. Aber wenn’s drauf ankommt, arbeite ich allein. Als Software nutze ich Papyrus Autor, da ist der Duden Korrektor mit drin. Wenn ich einen Text selbst veröffentliche, bitte ich meinen Freund (er schreibt auch beruflich), ihn zu lesen.

Wie stehst du dazu, Künstliche Intelligenz beim Texten zu nutzen?

 

Auch vor ChatGPT haben wir KI genutzt, zum Beispiel, um Text zu korrigieren. Sie ist gekommen, um zu bleiben, und ich will zu denjenigen gehören, die ihren Job dank KI besser machen. Nicht nur, weil ich ihn noch lange machen will, sondern auch, weil mich das Thema fasziniert.

Für mein Buch zum Beispiel habe ich mich mit ChatGPT unterhalten, um meine Zielgruppe – Menschen, die beruflich schreiben (müssen) – besser zu verstehen. Wir haben Ideen gewälzt, und die KI hat mir gezeigt, in welchen Branchen Menschen arbeiten, die mein Buch interessieren könnte. Manchmal ist ChatGPT auch sehr praktisch, um zu sehen, wie man es gerade nicht machen sollte. Zum Beispiel spuckt es gern Standard-Formulierungen und Phrasen aus, auf die man zugunsten der eigenen Schreibstimme verzichten kann. Gerade dadurch bleiben wir unseren Leser*innen in Erinnerung.

In meinem Buch wage ich sogar eine subjektive Prognose, wohin uns das Schreiben mit KI führen wird – und in welchen Bereichen wir Schreibenden uns weiterbilden sollten.

Du widmest ein Kapitel in deinem Buch der eigenen Schreibstimme und betonst deren Bedeutung auch auf deinem Blog. Weshalb ist dir dieser Aspekt wichtig?

Mein Business habe ich „Die Welt in Deinen Worten“ genannt. Fühlt sich heute fast visionär an. Denn unsere Schreibstimme unterscheidet uns von der KI. Anders gesagt: Je intelligenter die KI, desto wichtiger unsere Schreibstimme.

Die Schreibstimme ist keine Formel für den perfekten Text. Sie ist Ausdruck dessen, wie viel Raum wir unseren Gedanken schenken, welche Werte wir leben, wie wir den Schreibprozess gestalten, wie durchdacht die Worte sind, die wir für einen Text auswählen.

Warum sollten wir anders schreiben? Es ist erstens langweilig, zweitens kann es die KI besser und schneller. Ein Glück! Langweilige Texte für die KI, Texte in meiner Schreibstimme für mich.

Hast du Tipps für unsere Leser*innen, wie sie bessere Texte schreiben?

Klar, viele. Auf meinem Blog findet Ihr Lesestoff für Stunden. 😊 Hier zwei:

  • Warum schreiben wir? Um zu kommunizieren. Um andere Menschen zu erreichen. Lasst uns das mit Respekt tun! Und der beginnt mit der Überlegung, wen genau wir erreichen wollen und in welcher Beziehung wir zu diesem Menschen stehen. Stellt Euch vor dem Schreiben einen Menschen vor, der idealerweise Euren Text lesen soll. Was braucht Eure Zielperson? In welcher Situation befindet sie sich? Wie verhaltet Ihr Euch zu ihr, welche Worte wählt Ihr?
  • Meistens wird ein Text besser, wenn wir ihn kürzen. Überlegt Euch, worauf Ihr verzichten könnt. Auf austauschbare Formulierungen, Wörter, gar Silben?

Du bist auf LinkedIn und Pinterest aktiv. Weshalb hast du dich für diese beiden Plattformen entschieden und gegen Facebook und Instagram?

Soziale Netzwerke füllen unsere Köpfe. Um gute Texte zu schreiben, brauchen wir aber geistigen Raum. Deshalb entscheide ich bewusst, was eine Plattform für mich leisten soll. Pinterest nutze ich wegen SEO, auf LinkedIn ist meine Zielgruppe aktiv. Sympathisch finde ich, dass mich beide Plattformen nicht süchtig machen.

Um mit meiner Community in Kontakt zu bleiben, schreibe ich einen wöchentlichen Newsletter. Da stecke ich die meiste Arbeit rein – und die kommt statt Mark und Elon uns zugute.

Welchen Stellenwert hat – deiner Meinung nach – Social Media für den Erfolg eines Buchprojektes?

Social Media kann zum Erfolg eines Buchprojektes beitragen. Aber die Plattform sollte Teil einer Strategie sein. Einer Strategie, die nicht „Da sind alle!“ heißt.

Schreibenden wird oft geraten, viel zu lesen. Wie handhabst du das?

Ich bin süchtig nach guten Newslettern und abonniere ständig neue.

Seit mein Sohn auf der Welt ist, höre ich öfter Hörbücher – zuletzt Going Zero* von Anthony McCarten. Ein paar Szenen fand ich unlogisch, aber insgesamt ein sehr spannender und beängstigender Roman. (Noch Fragen zu Social Media? 😊 )

Aktuell lese ich Mensch sein* von Carel van Schaik und Kai Michel. Die schrecklichen Nachrichten vom menschlichen Leid auf der Welt trage ich oft wochenlang mit mir rum. Auch die Klimakrise beschäftigt mich sehr. Dieses Buch verhilft mir zu etwas intellektuellem Abstand und konstruktiveren Ideen.

Geprägt hat mich Die Letzten ihrer Art* von Douglas Adams. Unglaublich gut geschrieben, lustig und tiefberührend und traurig und ach, ich will so gut schreiben können wie er. Und eine ähnliche Reise machen. Und alle Tiere retten. Dieses Buch sollte Pflichtlektüre an Schulen sein.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Anke.

Hier findest du weitere Infos zu Anke:

Weitere Folgen unserer Interviewreihe “Autor*innen im Gespräch” zum Nachlesen:

Bildquellen: Foto im Titelbild Roland Wittl, Buchcover Duden Verlag, weitere Fotos Anke Ernst, Canva, Treffpunkt Schreiben

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2 Kommentare

  • Immer wieder erstaunlich, wie Menschen ihren Weg zum Schreiben gefunden haben, obwohl in der Schule die Leistungen gar nicht so rosig aussahen.
    Ich werde mir auf jeden Fall das Buch holen. Unsere Bibliothek hat es leider noch nicht.

    Danke an Euch für die Interview-Reihe, immer wieder interessante Einblicke.

    • Hallo Horst,

      herzlichen Dank für deine Rückmeldung.
      Ja, es gibt einige Autor*innen, die im Deutschunterricht in der Schule nicht so gut beurteilt wurden, jedoch ihren persönlichen Weg zum Schreiben erfolgreich gefunden haben.

      Schön, dass dir unsere Interviewreihe gefällt.
      Für mich ist jedes einzelne Gespräch besonders. Ich bin sehr dankbar, immer wieder Einblicke in das Leben von Autor*innen zu bekommen und lasse mich dadurch gerne inspirieren.

      Alles Liebe
      Sonja
      PS: Viel Spaß beim Lesen von Ankes Schreibratgeber.

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