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Bücher selbst binden – seitenweise Möglichkeiten | Melanie Mezera

Geschrieben von Gastbeitrag

Auf „Treffpunkt Schreiben“ wollen wir zeigen, wie vielfältig das Thema „Schreiben“ sein kann. Daher sind eine zusätzliche Perspektive, unterschiedliche Erfahrungsschätze und neues Expert*innen-Know-how herzlich willkommen 🙂

Wir schreiben gerne, dementsprechend viele Notizbücher benötigen wir. Schöne Notizbücher haben ihren Preis – ist selbst machen eine Alternative?

Wir freuen uns über den Gastbeitrag von Melanie Mezera, Mal- und Gestaltungstherapeutin, Psychologin und Inhaberin von MAGEnTA e.U., Mal- und Gestaltungstherapeutisches Atelier, in dem sie verschiedene Buchbindevarianten vorstellt und Anleitungen zum Ausprobieren mit uns teilt.

Viel Freude beim Lesen und vielleicht auch mit dem bald selbst gebundenen Notizbuch 😉.  

Mein Name ist Melanie und ich liebe schöne Notizbücher. So, nun ist es gesagt. Wer mich kennt, ist wohl nicht überrascht

Ich kann bei keinem Papiergeschäft vorbeigehen, ohne nur zumindest einen Blick reinzuwerfen. „Danke, ich schau nur!“ ist ein kleines Mantra für mich, wenn ich reingehe, und rasch vergessen, wenn ich handgeschöpfte, gestempelte und bedruckte Papiere in allen Farben und andere Kostbarkeiten sehe.
Ich packe immer zumindest ein Notizheft und Stifte in meine Tasche, notiere Termine in einem „echten“ Kalender und halte Ideen, Erinnerungen und Notizen immer handschriftlich fest. Oder mit einer Zeichnung oder einer Collage. Aber auf jeden Fall brauche ich etwas zum Anfassen.
Ich bin diesbezüglich definitiv ein „analog native“.

Doch bei der Auswahl eines Notizbuches bin ich wirklich wählerisch. Es muss das richtige Format haben, am liebsten Querformat oder quadratisch. Die Innenseiten am liebsten blanko und mit einer festeren Grammatur, damit ich auch reinkleben oder zeichnen kann. Der Einband soll ansprechend sein und mich zum Befüllen einladen. Die richtige Kombination zu einem noch angemessenen Preis zu finden war für mich oft gar nicht so einfach. Vielleicht kennst du dieses Dilemma auch.

Deswegen war der Besuch eines Buchbindeworkshops vor 10 Jahren für mich das Tor in eine Welt voller Möglichkeiten. Ich konnte nun meine Notizbücher nach meinen Vorstellungen gestalten und musste keine Kompromisse mehr eingehen. Im Lauf der Zeit habe ich verschiedene Bindetechniken ausprobiert und es gibt noch immer so viele Bindungen, die auf meiner „Das möchte ich mal ausprobieren-Liste“ stehen (natürlich in einem meiner Notizbücher ;-))

Mittlerweile gebe ich mein Wissen und meine Leidenschaft in Buchbindeworkshops weiter. Hier möchte ich dir einige Bindetechniken vorstellen:

Bindetechniken 

Etwas ganz Wunderbares geschieht, wenn Du ein Stück Papier zur Hälfte faltest – es wird der erste Schritt auf der Reise zu einem Buch.“

„Form folgt der Funktion.“ ist ein Leitsatz im Produktdesign und in der Architektur. Für mich trifft das auch aufs Buchbinden zu. Denn je nachdem, welche Funktion mein Buch haben soll, muss ich auch die Form bzw. die Bindetechnik wählen.
Ich habe zu verschiedenen Themen geeignete Bindetechniken für dich gesammelt:

1. Lose Blätter miteinander verbinden:

Du hast eine bunte Sammlung  verschiedener Einzelblätter mit Notizen, Projektmitschriften, Skizzen, Texten oder Zeichnungen und möchtest sie zu einem kompakten Buch binden.
Oder der Gedanke, ein shitty first draft in ein „schönes Buch“ zu schreiben, löst eine totale Schreibblockade aus und du schreibst lieber auf losen Seiten.
Dann sammle einfach deine Zettelwirtschaft und gib ihr am Ende eine Form.
Folgende Bindungen eignen sich perfekt dafür. Mit ihnen kannst du auch unterschiedliche Papierformate und Papierstärken kombinieren.

Japanische Stabbindung

Japanische Stabbindung

Bei dieser Bindung werden die Papiere mit einer sichtbaren und dekorativen Naht an der Außenkante zusammengehalten. Sie eignet sich vorallem für dünnere Bücher.
Diese Bindung ist allerdings nicht geeignet, wenn Papiere bis zum äußersten linken Rand beschrieben sind, da durch die Bindung ca. 2 cm vom linken Rand unsichtbar werden.
Für sehr festes Papier ist sie auch weniger gut geeignet, da es sich dann nicht so gut blättern lässt.
Hier findest Du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Klebebindung

Klebebindung

Bei dieser Bindung werden (wie bei Taschenbüchern) die Seiten nur am Buchrücken verleimt und somit zusammengehalten. Sie lässt sich gut aufblättern und kann auch für festeres Papier oder die Kombination unterschiedlicher Papiere verwendet werden. Hierfür kannst du auch Papier verwenden, das bis zum Rand beschriftet oder bezeichnet ist, denn es bleibt alles sichtbar.

Spiralbindung

Spiralbindung

Eine sehr einfache und schnelle Variante, die Du bestimmt kennst.

Buchschrauben

Buchschrauben

Diese Bindung erlaubt auch ein nachträgliches Umordnen oder Ergänzen der Innenseiten, da die Schrauben einfach gelöst werden können. Es gibt die Schrauben in unterschiedlichen Längen, sodass das Buch auch mitwachsen kann, indem man einfach eine längere Schraube verwendet. Auch hier gilt es zu bedenken, dass der äußerste linke Rand der Innenseiten durch die Bindung verdeckt wird.
Bei einem gewissen Volumen fällt auch das Umblättern schon schwer.

Buchringe 

Buchringe

Ebenfalls eine sehr einfache und schnelle Variante, die ein Umordnen oder Ergänzen der Innenseiten erlaubt. Buchringe gibt es in unterschiedlichen Durchmessern. Ein Buch mit dieser Bindung kann also im wahrsten Sinne des Wortes mitwachsen.
Ich hab zum Beispiel mein Schwangerschafts-Tagebuch in dieser Bindung hergestellt.
Auch ein Kalender-Filofax lässt sich damit sehr praktisch herstellen.

2. Austauschbare Seiten, Ergänzungen möglich:

Falls du ein Buch planst, bei dem Inhalte laufend ergänzt werden oder du eine Änderung der Reihenfolge ganz einfach vornehmen möchtest, empfehle ich dir folgende Bindungen:

  • Buchschrauben (siehe Punkt 1)
  • Buchringe (siehe Punkt 1) 

Gummiband-Bindung

Gummiband-Bindung

Diese Bindung ist sehr einfach und erlaubt eine Änderung der Innenseiten sowie ein schrittweises Mitwachsen.
Hier findest du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.

Kronenbindung

Kronenbindung

Diese relativ einfache Bindung erfordert genaues Falten, ist aber eine tolle Möglichkeit, Innenseiten auszutauschen. Ich mag diese Bindung zum Beispiel als temporäre Sammlung von Zeichnungen oder als wandelbare Portfolio-Präsentation.
Hier findest du eine Kurz-Anleitung.

3. Bücher zum Schreiben:

Falls du deine Bücher vorwiegend mit Texten füllst, empfehle ich dir folgende Bindungen:

Klassische Fadenheftung

Klassische Fadenheftung

Diese Bindung ist sehr stabil und haltbar. Der Einband kann als Softcover oder als Hardcover gestaltet werden (je nach Anzahl der Innenseiten).
Man kann dabei auch mit verschiedenen Zusatzeffekten (Verschlüssen, Klappen, Lesezeichen,…) arbeiten.

Französische Bindung

Französische Bindung

Ich liebe diese Bindung wegen der dekorativen Naht am Buchrücken. Sie erlaubt auch ein flaches Aufschlagen des Buches, was praktisch für Zeichnungen oder Collagen ist.
Damit die Bindung zur Geltung kommt, braucht es meiner Meinung nach einen etwas größeren Umfang an Innenseiten.

Langstichbindung

Langstichbindung

Auch diese Bindung zeichnet sich durch eine dekorative Naht am Buchrücken aus. Sie erlaubt  das Einkleben von Fotos oder anderen dreidimensionalen Objekten, da es etwas Spielraum zwischen den Innenheften gibt. Sie sieht auch hübsch mit textilem oder Ledereinband aus.
Man kann auch alte Buchdeckel mit dieser Bindung upcyclen.

Kettenstichbindung

Kettenstichbindung

Diese hübsche Bindung eignet sich hervorragend für Schreib-Bücher oder  dünnere Bücher.

Koptische Bindung

Koptische Bindung

Bücher mit koptischer Bindung lassen sich flach auffalten, was das Schreiben sehr angenehm macht.
Damit die Bindung zur Geltung kommt, braucht es meiner Meinung nach einen etwas größeren Umfang an Innenseiten. Als Buchdeckel lassen sich hier auch ungewöhnliche Materialien verarbeiten (z.B. alte Disketten, Holzbretter,…).

Hinweis: Bei all diesen Bindungen werden die Innenseiten mittig gefaltet und jeweils zu einem Viererheft  ineinandergeschoben.

Das heißt, wenn du fertige Texte am Computer abgetippt hast und du diese als Buch binden möchtest, dann wähle bei den Druckeigenschaften „Broschürendruck“, um die richtige Reihenfolge deiner Innenseiten zu gewährleisten.

4. Bücher für Art Journals und Visual Diaries

Als Art Journals eignen sich meiner Erfahrung nach Bücher, die sich flach aufschlagen lassen und/oder auch das Einkleben von Fotos, kleineren Fundstücken und ähnlichem erlauben.

  • Französische Bindung (siehe Punkt 3)
  • Koptische Bindung (siehe Punkt 3)
  • Kettenstichbindung (siehe Punkt 3)
  • Langstichbindung (siehe Punkt 3)
  • Auch die Spiralbindung (siehe Punkt 1) eignet sich ganz gut für Art Journals.

5. Bindungen ohne Nadel und Faden:

Allen, die schon beim Gedanken an Nähen und lange Fäden schwitzige Hände bekommen, empfehle ich folgende Bindungen:

Zine-Hefte

Zine-Hefte

Diese simplen kleinen Hefte bestehen aus einem Bogen Papier, 4 Faltungen und einem Schnitt.
Richtig zusammengefaltet entsteht so ein Heft mit einem Deckblatt, 6 Innenseiten und einer Rückseite. Perfekt für eine Haiku-Sammlung oder andere poetische Formen.
Sie ermöglichen eine einfache Vervielfältigung durch Kopieren.
Ich versende zum Beispiel meine Musenküsschen in diesem Format.
Hier findest du eine Kurz-Anleitung

Leporello

Leporello

Die Ziehharmonikafaltung kommt auch ohne Nähen aus und ermöglicht ein beidseitiges Gestalten der Innenseiten. Es ermöglicht das Erstellen von atypischen Formaten (z.B. sehr schmale hohe Bücher) Es lässt sich sogar Aufstellen und als 3D-Installation präsentieren (z.B. als Visionboard in Buchform).

Auch diese Bindevarianten sind möglich: 

  • Gummiband-Bindung (siehe Punkt 2)
  • Klebebindung (siehe Punkt 1)
  • Kronenbindung (siehe Punkt 2)
  • Spiralbindungen (siehe Punkt 1)
  • Buchringe (siehe Punkt 1)
  • Buchschrauben (siehe Punkt 1)

Falls du nun Lust bekommen hast, eine dieser Bindungen auszuprobieren, dann schau doch mal meine Buchbindeworkshop-Termine an. Je nach Corona-Lage auch Online via Zoom-Session.

Es gibt auch Gutscheine für Buchbindeworkshops – gerne stelle ich dir einen liebevoll gestalteten Gutschein als Geschenk für einen lieben Menschen aus.

Auf dem Blog der Stempelwunderwelt  zeige ich monatlich ein kleines Schritt-für-Schritt-Buchbindeprojekt.

 

Liebe Grüße,
Melanie

Informationen zu Melanie Mezera

Melanie Mezera ist Mal- und Gestaltungstherapeutin, Psychologin und Inhaberin von MAGEnTA e.U., Mal- und Gestaltungstherapeutisches Atelier.

Kreativität ist für Melanie eine Möglichkeit, sich auszudrücken und Erlebtes zu verarbeiten. Liebeskummer, Schulstress, den Tod ihres Vaters, Schwangerschaft oder andere wichtige Lebensabschnitte – malen, zeichnen, gestalten und schreiben haben ihr immer geholfen.

Das Zitat “Kreativität ist meine Art, der Welt meine Seele zu öffnen” von Brené Brown könnte von ihr stammen.

Im Jahr 2000 besuchte sie während ihres Psychologiestudiums einen Kunsttherapieworkshop. Das war ihr persönliches Millennium: Da gab es tatsächlich einen Beruf, der all ihre Herzensthemen vereinte – das Interesse für Menschen und ihre Lebensgeschichten sowie die Kreativität. Also absolvierte Melanie nach dem Studium und einigen Jahren in der offenen Kinder-und Jugendarbeit die Ausbildung zur Kunsttherapeutin/Mal-und Gestaltungstherapeutin.

Seit 2009 begleitet sie Menschen dabei, mit Kreativität ihrer Seele eine Tür zu öffnen.

Seit 2017 ist sie Mama einer wunderbaren Tochter, mit der sie  die Welt der Kreativität, des Spielens und Staunens nochmal aus einer anderen Perspektive entdecken darf.

Kontaktdaten: 

Atelier MAGEnTA
Mag.a Melanie Mezera
Leystraße 159/207
1020 Wien
www.magenta-maltherapie.at
Instagram: @melaniemezera

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Bildquellen: Copyright Melanie Mezera

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