Kreatives Schreiben

Veronika macht ihren Krimi fertig oder umgekehrt – Ich brauche Struktur!

Krimi überarbeiten, Strutkur
Geschrieben von Veronika

Dies ist die zweite Folge einer Beitragsserie mit dem Titel Veronika macht ihren Krimi fertig oder umgekehrt. Für alle, die erst jetzt einsteigen, starte ich daher mit einer kurzen Erklärung. Alle, die schon Bescheid wissen, können den imaginären Intro-überspringen-Button ⏭ drücken und nach dem grau umrahmten Absatz zu lesen beginnen. 

Wie es zu dieser Beitragsserie kam …

Ich schreibe gerne, aber mit dem Überarbeiten habe ich so meine Probleme. Aus diesem Grund liegt schon recht lange ein Rohtext für einen Krimi in meiner Schublade. Das soll sich jetzt ändern. Der Krimi soll fertig werden. Um dem Ganzen noch mehr Verbindlichkeit zu geben, habe ich mit Sonja vereinbart, dass ich über meine Erfahrungen beim Überarbeiten auf Treffpunkt Schreiben blogge. Dann wissen alle (die es wollen) über meine Fortschritte Bescheid.

Folge 1 kannst du hier nachlesen.

Mein erster Textcoaching-Termin bei Ana

Mein erster Textcoaching-Termin bei Ana Znidar hat in der Zwischenzeit stattgefunden. Ich war aufgeregt und voller Vorfreude und nicht vorbereitet. Im Gepäck hatte ich eine Version des Rohtextes, die ich vor Ewigkeiten ausgedruckt habe. Diese stimmte mit der, die ich Ana gemailt hatte, natürlich nicht überein. Das habe ich allerdings erst während des Coachings herausgefunden (und natürlich gekonnt überspielt). 🙄

Zu meiner Ehrenrettung: Ich habe 10 Minuten investiert, um mir aus meiner Notizbuchlade DAS Notizbuch für die Krimi-Überarbeitung herauszusuchen. Für die wichtigen Dinge nehme ich mir Zeit. 😉

Bei Ana habe ich dann einen frischen Kaffee bekommen und wir haben noch einmal kurz abgeklärt, worum es mir in dem Coaching geht. Ana hatte bereits einiges von meinem Rohtext gelesen. Ihr Vorschlag war daher, mir zum Gelesenen ein erstes Feedback zu geben. Und so haben wir es dann auch gemacht.

Die guten und die halbguten Nachrichten

Es gibt sie, die spannenden Stellen. Die einzelnen Szenen sind in sich (halbwegs) schlüssig. Außerdem sagt Ana: „Dialog kannst du.“ Das ist doch schon mal was. Manche Passagen findet sie sogar witzig. Das klingt gut in meinen Ohren. Witzig gefällt mir für meinen Text.

So. Das waren sie, die richtig guten Nachrichten. Kommen wir zu den halbguten Nachrichten:

Ana empfindet meine Protagonistin als zu wenig aktiv. Sie lässt viel mit sich geschehen – „bewegt sich nicht“. Ana meint, dass sie das an manchen Stellen sogar wütend macht.

Das klingt jetzt nicht gut, nicht einmal halbgut. ABER, meine erste Idee für meine Protagonistin war, eine Figur zu zeichnen, die gerade an einem Punkt ist, an dem sie ihr Leben mit sich geschehen lässt. Nach diesem Feedback dürfte mir das gelungen sein. Vielleicht zu gut, schließlich sollen die Leser*innen meine Protagonistin mögen.

Auch, dass es da eine Liebesgeschichte geben könnte, hat Ana bemerkt. Könnte ist das richtige Wort. Ich bin mir da auch noch nicht so sicher. Liebesgeschichte im Krimi.

Will ich das? Weiß ich überhaupt, was genau ich will?

Habe dazu spannenderweise gerade letzte Woche einen Blog-Beitrag (Schreibtipps von Hans Peter Roentgen: Was macht eigentlich ein Lektor?) gefunden, in dem Folgendes zu lesen ist:

Ich muss auch erkennen, was der Autor eigentlich will. Nicht immer ist es ihm gelungen, das deutlich zu machen. Mit einiger Erfahrung spürt man es aber heraus. Außer, wenn der Autor es selbst nicht weiß. Das sind die mäandernden Geschichten. Nicht ganz klar, ob sie Liebesroman oder Krimi werden wollen. Aber für eines muss man sich entscheiden.

Und das waren sie auch schon, die guten und die halbguten Nachrichten.

Ich treffe eine Entscheidung.

Eines nehme ich auf alle Fälle für mich mit: Überarbeiten heißt Entscheidungen treffen. Verdammt! 

Eine Sache entscheide ich nach dem Coaching für meinen Text aber schnell: Er lebt. 🙌

Es ergibt Sinn, ihn zu überarbeiten. Schritt für Schritt. Eine Baustelle nach der anderen. Womit wir beim Thema wären: Textbaustellen

Textbaustelle Nr. 1 – Wie geht noch mal Struktur?

Die erste große Herausforderung in meinem Text ist die Struktur. Nicht nur, dass es noch unabgetippte Szenen gibt. Der vorhandene Text ist darüber hinaus teilweise ungeordnet. Die Szene mit dem Leichenfund hat es beispielsweise (aus mir nicht mehr ersichtlichen Gründen) an das Ende des Dokuments geschafft. Der Einstieg ist eher chronologisch und das ist ein Problem.

Das funktioniert so nicht, meint Ana, es dauert zu lange, bis es endlich eine Leiche gibt. Da muss ich ihr zustimmen. Gut. Aber was jetzt?

Als hätte ich noch nie ein Buch gelesen …

Das ist der Punkt im Textcoaching, an dem ich mir vorkomme, als hätte ich in meinem Leben noch kein einziges Buch gelesen und schon gar keinen Krimi. Ich frage mich, wie denn das genau funktionieren soll, wenn die Handlung nicht chronologisch erzählt wird. Echt jetzt! 🤦‍♀️

„Du könntest eine Rückblende einbauen.“, erklärt Ana.

Absolut. Rückblende. Klingt sinnvoll. Aber was heißt das genau für den Text? Wie mache ich das? Rückblende. Die Idee löst bei mir plötzlich kalten Schweiß aus. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich so was schon gelesen hätte.

Und das ist das Problem. Ich scheine nicht zu lesen, wie man lesen sollte, wenn man schreibt. Wenn ich lese, dann lese ich mit Haut und Haar. Im besten Fall bin ich mitten drinnen in der Geschichte, von Struktur und Aufbau des Textes bekomme ich da gar nichts mehr mit. Sollte ich aber. Handwerk und so.

The most important thing is to read as much as you can, like I did. It will give you an understanding of what makes good writing and it will enlarge your vocabulary.

Übersetzung Zitat: Das Wichtigste ist, so viel wie möglich zu lesen, so wie ich es getan habe. Es wird Ihnen ein Verständnis dafür vermitteln, was gutes Schreiben ausmacht, und es wird Ihren Wortschatz erweitern.

Wird das jetzt anstrengend oder was?

Mir dämmert langsam Entsetzliches. Diese Überarbeitungsgeschichte könnte richtig anstrengend werden. Ich habe zwar schon wirklich viel zum Thema Roman/Krimi-Schreiben gelesen, aber bewusst umgesetzt habe ich bis jetzt wenig.

Beim Rohtext schreiben lasse ich passieren, was passiert. Ich folge einer inneren Struktur. Ich verlasse mich darauf, dass dieser automatisch gesponnene rote Faden auch für den/die Leser*in Sinn ergibt. Aber was mache ich jetzt, wenn er das nicht tut?

Um nicht völlig die Motivation zu verlieren, entschließe ich mich einem alt bewährten Motto treu zu bleiben: Schritt für Schritt, Baustelle für Baustelle oder wie es Anne Lammott so schön nennt, bird by bird (1).

Die nächsten Schritte

1. Strukturvorschlag erstellen.

Ana und ich einigen uns nach dem ersten Feedback darauf, dass der Rohtext im nächsten Schritt eine neue Struktur bekommt. Uff!

„Da werde ich einiges an Zeit brauchen.“, sage ich.

Ana schlägt vor, dass wir beide bis zum nächsten Coaching-Termin einen Strukturvorschlag erarbeiten und diese Vorschläge dann vergleichen und diskutieren. Der Idee kann ich sofort etwas abgewinnen. Das motiviert mich. Bei unserem nächsten Termin ohne Ergebnis aufzutauchen, ist jetzt keine Option mehr. Wenn Ana es schafft, schaffe ich es auch.

2. Herausfinden, wie ich beim Strukturieren des Textes vorgehen will.

Für mich stellt sich zum Thema Struktur eine wichtige Frage: Wie gehe ich das konkret an?

  • Karteikarten – Da hätte ich welche, die sind aber definitiv zu klein und die Farbe passt auch nicht. Da brauche ich andere. Wie bereits erwähnt: Für die wirklich wichtigen Dinge, bin ich bereit mir Zeit zu nehmen. 😉
  • Papyrus oder Scrivener – Ich könnte den Rohtext gleich in ein Schreibprogramm übernehmen und dort bearbeiten. Dann muss ich mich aber für eines entscheiden und ich muss mich auch noch in die Funktionalitäten einarbeiten. Nach Sonjas Beitrag tendiere ich eher zu Papyrus. Bei Scrivener habe ich allerdings schon mal das Tutorial gemacht, da bräuchte ich weniger Zeit.
  • Smartphone – Vielleicht gibt es irgendeine Möglichkeit, auf meinem Smartphone an der Struktur zu arbeiten. Ich habe nämlich oft nur kurze Zeiteinheiten und mein Smartphone habe ich immer dabei. To-do: Herausfinden, ob es hier eine App gibt.

3. War da nicht noch was? Genau, die Rückblende!

Nach einer längeren Internetrecherche weiß ich jetzt, Rückblenden sind tricky. Richtig gemacht, fallen sie im Text gar nicht auf. Deshalb konnte ich mich wahrscheinlich auch nicht erinnern, je eine gelesen zu haben 🤔😉.

Wer auch noch einmal nachlesen will, dem sei dieser Beitrag von Hans Peter Roentgen empfohlen: ZWÖLF DINGE, DIE JEDER AUTOR ÜBER RÜCKBLENDEN WISSEN SOLLTE 

Du hast Tipps für mich, was meine Baustellen zum Thema Überarbeiten betrifft? Dann schreibe sie bitte in einen Kommentar zu diesem Beitrag. DANKE! 🙏

(1) Bird by Bird – Some instructions on writing and life* ist der Titel eines Buches von Anne Lammott. Es gibt einen kurzen und aufschlussreichen Einblick in die Welt des Schreibens und der Schreibenden. Klare Leseempfehlung!

Meine nächsten Schritte zum fertigen Krimi,  kannst du in der Folge 3: “Claudia” lesen.

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Bildquelle: Canva

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7 Kommentare

  • Liebe Veronika, seitdem ich Deinen Blog gelesen habe, bin ich von mit-empfundener Ratlosigkeit bestimmt und ich wünschte so sehr, einen zweckdienlichen Hinweis zu haben. Diese Selbst-Fesselung, wie sie sich in fast eingeübter Attitüde der Selbst-Ironie ausdrückt, aktiviert den Leser enorm. DEN Tipp habe ich natürlich nicht!! (Besitze ja in keinem Fall diejenigen Anforderungsprofile, an denen Du Dich orientierst.) Aber alles, was ich soeben über das Projekt Rohtext- Krimi gelesen habe, fokussiert für mich das Themenfeld der Heuristik. (Nicht, dass ich mich da so wahnsinnig auskenne.)
    Es soll leichter und zielführender sein, mit wenig Information zu einem Ergebnis zu kommen, als mit sehr viel. Und die scheint bei Dir überbordend. Informationen um das kreative Schreiben – auf den unterschiedlichsten Ebenen. Diese Vielzahl blockiert für mein Empfinden. Intuition muss sich über Informationen hinwegsetzen (habe ich gerade bei Gigerenzer, einem Heuristiker) gelesen. Vertraue Deinem roten Faden!!! Reduziere Deine eigenen Kritik-Anteile. Lagere sie aus – Ana? Es wird nicht Dein letzter Roman sein.
    Bei Kafka kommt irgendwo “die Angst vor dem Geboren-Werden” vor, an die musste ich denken, als ich Zeile um Zeile über das Krimi- Rohtext Projekt las – und währenddessen auch unwahrscheinlich Neues für mich erfahren habe (scrivener, Papyrus z.B.). Wofür ich mich sehr bedanke! Gruß, -e

    • Hallo Elfriede, Danke für deinen ermutigenden Kommentar. Meinen Überarbeitungsprozess hier mit unseren Leser*innen zu teilen hilft mir “dran” zu bleiben, aber es ist auch nicht immer leicht den Stand der Dinge in Worte zu fassen. Umso mehr freue ich mich, wenn ich merke, dass mir die Rückmeldungen, die ich bekomme – so wie deine – sehr weiterhelfen. Ich bekomme eine neue Perspektive, schmore nicht nur im eigenen Saft ;-). “Intuition muss sich über Information hinwegsetzen” und “Vertraue Deinem roten Faden!!!” – das ist bei mir gleich hängen geblieben. Darüber werde ich sicher noch eine Weile nachdenken. Danke!!! Alles Liebe Veronika

  • Liebe Veronika,
    ich habe eine Vermutung, die ich wohl nicht verifizieren kann. Eine These, welche gerne auch weiterhin die Wirklichkeit inkonsistent hält – das spielerische Element ist ja nicht uninspirierend: Veronika, welche ihren Krimi fertig macht oder umgekehrt, ist ein Avatar der Veronika, welche mit Sonja diese Plattform betreibt.
    Eingesetzt aus didaktischen Gründen, die Leser, welche sich allesamt zumindest in abgeschwächter Form mit der geschilderten Situation herumschlagen, zu zwingen, außerhalb ihrer selbst die Situation durchzudenken und damit zu Lösungen zu kommen, welche egozentriert schwieriger zustande kommen.
    Ich hatte beim Lesen fürs erste den ganz dringenden Impuls, der Schreiberin eine Ermutigung zu übersenden, ein “Daumen hoch”, aber je mehr ich mich in die Problematik hineinspiralisiert habe, umso mehr wurden die kleinen herausdestillierten Gewissheiten Befestigungen für mich selbst!!!
    Insofern frage ich mich, ist das Changieren von Objekt und Subjekt vielleicht intendiert?
    Ich will hier meine Analyse-Ergebnisse gar nicht feilbieten. Zum einen sind sie mir zu wertvoll, um sie zu verstreuen – nachdem es ja jetzt nicht mehr gilt, Veronika zu retten, sondern eher mich selbst. Es ist immer gut, etwas in Schwebe zu halten. Außerdem werden sich ja vermutlich andere Perspektiven auf das Aggregat darbieten. Einen schönen Nachmittag, Elfriede

    • Liebe Elfriede, Danke, dass du uns an deinen Ideen zu meinem Beitrag teilhaben lässt. Du lieferst mir (und sicherlich auch anderen LeserInnen) auf diesem Weg einige sehr wertvolle Impulse. Alles Liebe Veronika

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