Kreatives Schreiben

Brauche ich als Autor*in ein Pseudonym?

Geschrieben von Sonja

Schreibst du unter einem Pseudonym? Überlegst du, ob du eines brauchst?

Ich weiß unter welchem Pseudonym ich gegebenenfalls, ein Buch veröffentlichen würde. Es ist ein Mix aus Prenonym und Traduktionym. Du fragst dich, was das bedeuten soll? 😉 Die Erklärung folgt am Ende. 

In diesem Beitrag beantworten wir die wesentlichen Fragen zum Thema Pseudonym und geben dir Tipps, worauf du bei der Entscheidung für oder gegen ein Pseudonym achten solltest.

„Jeder Satz ist einem Namen zuzuordnen. Man kann den Namen beschädigen, man kann ihn zu einem Verkaufsargument machen. In dem Augenblick, in dem man den Namen an der Börse der Bücher notiert, hat er einen ökonomischen Rang aber auch einen inhaltlichen, weil jedes Buch, das man sich zuschreibt, differenziert diesen Namen und gibt ihm ein anderes Schillern.

INHALT

Was bedeutet Pseudonym?

Das Wort Pseudonym wird aus dem griechischen Adjektiv pseudonymus (pseudo=Täuschung onyme=Name) abgeleitet und bedeutet frei übersetzt “unter falschem Namen auftreten”.

Ein Pseudonym ist also ein frei gewählter Name, der anstelle des bürgerlichen verwendet wird und die wahre Identität einer Person verschleiert - zum Beispiel die eines Autors/einer Autorin.

Ähnliche Bezeichnungen lauten Deck- oder Tarnname. Im Internet bzw. Social-Media-Bereich wird gerne der Begriff Nickname verwendet. Oft wird auch der Ausdruck Künstlername als Synonym genutzt, obwohl dieser rechtlich anders behandelt wird.

Was unterscheidet ein offenes von einem geschlossenen Pseudonym?

Beim offenen Pseudonym ist die wahre Identität hinter dem Decknamen bekannt. Meistens entscheiden sich Autor*innen für diese Form, da sie in der Buchbranche üblich ist und von Verlagen akzeptiert wird.

Das geschlossene Pseudonym sichert der Schriftsteller*in vollkommene Anonymität – diese wird vertraglich vereinbart. Der bürgerliche Name bleibt geheim und ist oftmals auch dem Verlag nicht geläufig. Die Person wird durch eine/n Dritten, zum Beispiel einen Notar, vertreten, welche/r die Geschäfte abwickelt.

Ein populäres Beispiel für das geschlossene Pseudonym ist jenes von Elena Ferrante:

Mein Schreiben ist, solange ich schreibe, sehr schüchtern, aber wenn sich daraus ein Buch entwickelt, wird mein Schreiben ehrgeizig, es ist unbescheiden. Ich will damit sagen, ich bin nicht meine Bücher, und vor allem habe ich kein Leben, das so sehr auf sich hält wie ihres.

Die Autorin veröffentlichte 1992 erfolgreich eine 4-teilige Neapolitanische Saga* und bescherte dem Suhrkamp Verlag hohe Verkaufszahlen. Dadurch wurde das Interesse des italienischen Investigativjournalisten, Claudio Gatti, geweckt. Er stellte Nachforschungen an und veröffentlichte im Oktober 2016 einen Artikel für die New York Times Review of Books und andere Medien, in dem er das Rätsel löste. Der angebliche reale Name von Elena Ferrante wurde allerdings bis dato nicht bestätigt.

Die ungewollte Enthüllung der Identität entfachte in der Literaturszene eine Diskussion über das Recht auf Anonymität. Hier kannst du das Interview mit dem Titel Kein Recht auf Enthüllung eines Pseudonyms mit ihrem deutschen Lektor, Frank Wegner, geführt von  Richard Kemmerlings, nachlesen.

Sieben Gründe für die Verwendung eines Pseudonyms

Die Entscheidung für ein Pseudonym sollte wohl überlegt getroffen werden. Oft sind persönliche Beweggründe ausschlaggebend, wie zum Beispiel folgende:

1. Schutz der Privatsphäre bzw. Angst vor Verfolgung/Skandalen

Eigene Erlebnisse für sich aufzuschreiben und so zu reflektieren ist eine Sache, diese zu publizieren eine andere. Viele Autor*innen wünschen sich, ihre Geschichte “anonymisiert” zu teilen, um ihre Privatsphäre und die anderer Beteiligter zu wahren.

Für Personen, die in der Öffentlichkeit stehen oder eine wichtige (berufliche) Position innehaben, kann eine Tätigkeit als Schriftsteller*in auch zu Interessenskonflikten führen, zum Beispiel wenn ein angesehener Wissenschafter einen Liebes- oder Horrorroman schreibt, könnte dies seinen Expertenstatus beschädigen.

Bei der Veröffentlichung von brisanten Texten, ev. mit Aufdeckungscharakter, gilt es achtsam vorzugehen. Insbesondere in autoritär geführten Ländern, in welchen die Gefahr von Sanktionen besteht, empfiehlt sich die Verwendung eines geschlossenen Pseudonyms.

2. Ein neues Werk soll unabhängig beurteilt werden

Berühmte Persönlichkeiten, die ev. schon erfolgreich veröffentlicht haben, wollen keine Vorschusslorbeeren und wünschen sich manchmal eine unvoreingenommene Bewertung ihres neuesten Buchprojektes.

Stephen King, einer der bekanntesten Autoren (Carrie*, Es*) nutzte zwischen 1977 und 1985 für sieben Romane das Pseudonym Richard Bachmann, um zu prüfen, ob seine Geschichten auch ohne den berühmten Namen Leser*innen finden würden. Dem war so. Nachdem öffentlich wurde, dass die Bachmann-Bücher von King stammen, schnellten die Verkaufszahlen noch mal in die Höhe. Danach verzichtete King auf die weitere Verwendung des Pseudonyms.

Auch J.K. Rowling, Autorin der berühmten Harry Potter-Reihe*, wählte diesen Weg: Sie sandte das Manuskript ihres zweiten Erwachsenenbuchs Der Ruf des Kuckucks* unter dem Namen Robert Galbraith an Verlage und erhielt auch einige Absagen. Ihre wahre Identität wurde jedoch rasch aufgedeckt, da sich ein Anwalt verplapperte. Rowling verklagte ihn und spendete, die ihr zugesprochene Schadenersatzleistung für karitative Zwecke.

In vielen Fällen überwiegen allerdings marketingtechnische Aspekte:

Dank Pseudonymen halten Verlage an Autoren, an die sie glauben, auch nach großen Flops fest, was bedeutet, dass sich ein Pseudonym schon mal als Defibrillator erweisen kann, der eine Autorenkarriere wiederbelebt.

3. Der bürgerliche Name eignet sich nicht für den Buchmarkt

Es gibt unterschiedliche Gründe, die zu Namensänderungen führen können:

    • leicht verwechselbar
    • Allerweltsname ohne Wiedererkennungswert
    • schwierig les- bzw. aussprechbar
    • unangenehmer Wortklang
    • der internationale Touch fehlt
    • negativ besetzt bzw. mit Vorurteilen behaftet
    • überlang
    • gefällt nicht

Du wünscht dir Beispiele? Voilà hier sind einige:

  • Ob Heinz G. Konsalik unter seinem realen Namen Heinz Günther genauso erfolgreich gewesen wäre?
  • Auch Doris Mitterbacher, österreichische Autorin und Slammerin tauschte ihren bürgerlichen Namen, sie tritt unter dem einprägsamen Pseudonym Mieze Medusa auf. 
  • Der irische Schriftsteller Oscar Fingal O’Flahertie Wills Wilde wiederum kürzte seinen Realnamen auf Oscar Wilde.
  • David John Moore Cornwell behielt nur einen seiner Vornamen und wählte das Pseudonym John le Carré für seine Werke.

Man muss aus dem eigenen Namen kein Heiligtum konstruieren. Wenn man mit einem Namen geschlagen ist, der sich auf einem Buchdeckel nicht gut macht, sei es, weil er seltsame Assoziationen erzeugt, sei es, weil er zu blass ist, zu unauffällig oder was immer - dann kann man schon über einen Künstlernamen nachdenken.

4. Das Geschlecht ist in dem Genre für Verkaufszahlen relevant
Frédérique Audoin-Rouzeau, eine  französische Schriftstellerin wählte ein Pseudandronym – ihre Krimireihen erscheinen unter einem männlichen Namen, sie verbirgt sich hinter Fred Vargas (Fliehe weit und schnell*). Umfragen ergaben, dass Leser*innen vor allem im Thriller und Krimibereich männliche Verfasser bevorzugen.
Umgekehrt nutzen männliche Autoren ein Pseudogynym, also einen weiblichen Namen insbesondere bei Veröffentlichungen von Liebesromanen.
Ronald Gutberlet wählt für seine Werke zwei Pseudonyme ein männliches (Robert Brack) und ein weibliches (Virginia Doyle) für seine historische Krimiserie.
 
5. unterschiedliche Genre, unterschiedliche Verlage – verschiedene Namen

Beate Maly schreibt unter ihrem Realnamen und unter den beiden offenen Pseudonymen Laura Baldini und Lina Jansen. In der Sendung Erlesen (ORF, 8.11.2022) begründet sie diese Vorgangsweise damit, dass sie in mehreren Genres (Krimi, Kinderbuch, historischer Roman, Fachbücher für Pädagog*innen) und bei fünf unterschiedlichen Verlagen veröffentlicht.

Die Verlage teilen nicht so gerne ihre erfolgreichen Autoren

6. Mehrere Autor*innen schreiben unter einem Namen

Der Kriminalroman Der Hypnotiseur* von Lars Kepler, war erst kurz auf dem Markt, da lüfteten hartnäckige Reporter des Aftonbladet bereits das Pseudonym des schwedischen Schriftstellerehepaars Ahndoril. Das gemeinsame Debüt gelang trotzdem, mittlerweile zählen die beiden zu den populärsten Krimiautoren Schwedens.

Das Autorenpaar Iny Klocke und Elmar Wohlrath schreibt unter mehreren Pseudonymen: Ihr bekanntestes lautet Iny Lorentz (Die Wanderhure*). Unter Annette Landgraf und Renee Milan verfassen sie Gegenwartsromane. Als Sandra Melli, Diana Wohlrath und Mara Volkers sind sie im Genre Fantasy und historische Phantastik tätig. Unter Nicola Marni und Nike Andeer erscheinen Thriller und Kriminalromane und unter Anni Lechner bayrische Heimatromane. Sie erzielen mit ihren Büchern Millionenauflagen.

 
7. Verwirrspiel, um Aufmerksamkeit zu erregen

Sebastian Fitzek, ein Meister der Inszenierung von Buchpräsentationen, täuschte seine Fans 2015 und veröffentlichte als Max Rhode den Thriller Die Blutschule*. Darin lässt er die Hauptfigur aus das Joshua-Profil* zu Wort kommen.

Ein solches Buchprojekt ist etwas Besonderes, Sebastian Fitzek schreibt nicht nur unter einem Pseudonym, er schreibt im Namen seiner Romanfigur ein neues Buch! Max Rhode ist im Gegensatz zu seinem Schöpfer Sebastian Fitzek unbekannt und scheu, er meidet die Öffentlichkeit. Diese Diskrepanz hat Sebastian Fitzek bewusst gewählt: Max Rhode soll sein eigenes Dasein und Leben als Autor haben. Sebastian Fitzek liefert seinen Lesern somit etwas Außergewöhnliches: die Geschichte zur Geschichte! 

Exkurs: Wie reagieren Verlage auf ein Pseudonym?

Musst du dich sorgen, dass dein Manuskript abgelehnt wird, wenn du es unter einem Pseudonym veröffentlichen magst?

Nein, Verlage sind es gewöhnt, dass Pseudonyme verwendet werden. Die offene Variante ist vollkommen akzeptiert.

Ein geschlossenes Pseudonym hingegen bringt wesentliche Nachteile bzgl. Werbemaßnahmen mit sich, u. a.:

  • Entfall von öffentlichen Interviews bzw. Beschränkung auf schriftliche Varianten
  • Keine Lese- und Promotiontour
Andererseits sorgt es für Aufmerksamkeit und weckt den Rätsellöser-Instinkt. Daher wird Autor*innen und Verlagen oft unterstellt, diese Vewirrungstaktik bewusst zu wählen und die Aufdeckung des geschlossenen Pseudonyms vorab zu einem späteren Zeitpunkt zu planen. In diesem Fall handelt es sich also um eine Marketingmaßnahme und ist daher kein Ausschlusskriterium für die Aufnahme ins Verlagsprogramm.

Exkurs: Darf ich mit einem Pseudonym an einem Schreibwettbewerb teilnehmen?

Ja, das ist prinzipiell möglich. Bei unserem WORTGEWANDT-Schreibwettbewerb 2022, habe einige Teilnehmer*innen zum Beispiel unter einem Pseudonym eingereicht. Beachte, ob du in den Rahmenbedingungen der Ausschreibung Angaben dazu findest.

Um zu prüfen, ob etwaige Teilnahmebeschränkungen, wie Altersgrenzen, Wohnort, etc. eingehalten werden, ist ggf. die zusätzliche Angabe des bürgerlichen Namens erforderlich. Wird deine Geschichte in einer Anthologie veröffentlicht, erfolgt diese unter dem von dir angegebenen Pseudonym.

Tipp:

Falls du unsicher bist, ob eine Teilnahme unter Pseudonym zulässig ist bzw. die Angaben nicht eindeutig sind, kontaktiere die Veranstalter des Wettbewerbs und frag nach.

Soweit unsere Tipps. Hast du dich schon entschieden, ob du ein Pseudonym verwenden willst? Teile deine Meinung gerne in den Kommentaren mit uns.

Bei einem Prenonym wird der/ein Vorname einer Person verwendet und von einem Traduktionym spricht man, wenn der reale Name (oder ein Teil davon) in eine andere Sprache übersetzt wird. Du möchtst wissen, wie mein Pseudonym nun lautet? Bitte um Verständnis, das behalte ich (noch) für mich 😉

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