Weshalb Journaling in den Wechseljahren funktioniert?
Verändert sich unsere Kreativität in den Wechseljahren?
Welche Schreibimpulse, helfen dir im Umgang mit Emotionen?
Auf »Treffpunkt Schreiben« wollen wir zeigen, wie vielfältig das Thema »Schreiben« sein kann. Daher sind eine zusätzliche Perspektive, unterschiedliche Erfahrungsschätze und neues Expert*innen-Know-how herzlich willkommen !
Wir freuen uns, über den Gastbeitrag von Michaela Muschitz zum Thema »Schreiben in den Wechseljahren«.
Viel Freude beim Lesen.
Es traf mich unvermutet, dabei war es eigentlich logisch: Ich saß bei meiner Ärztin, erzählte von Gewichtszunahme ohne Ernährungsumstellung und schlechtem Schlaf, den ich auf Stress zurückführte.
Mit der Antwort »Sie sind wahrscheinlich im Wechsel. Wir machen mal ein Blutbild und schauen uns ihren Hormonstatus an«, hatte ich nicht gerechnet. Im Wechsel? Jetzt schon? Ich war wie so viele Frauen vollkommen ahnungslos. »Sie sind im üblichen Zeitrahmen. Mitte 40 machen sich die ersten Symptome des sinkenden Hormonspiegels bemerkbar.« Viel mehr Infos bekam ich nicht, außer der Warnung:
Es heißt Wechseljahre. Nicht Wechsel-Wochen, nicht Wechsel-Monate, sondern Wechsel-Jahre!
Das konnte ja heiter werden.
Da meine mittlerweile verstorbene Mutter zu Lebzeiten kein Wort über ihre Beschwerden in den Wechseljahren verloren hatte, fing ich an im Freundinnenkreis herumzufragen und bekam den einen oder anderen wertvollen Hinweis. Doch ich brauchte mehr. Also begann ich nach hilfreichen Büchern zu suchen. Das war jedoch frustrierend, da ich entweder Diätratgeber oder dicke Wälzer von Medizinerinnen fand. So entstand die Idee ein Buch über die Wechseljahre zu schreiben, dass dabei hilft die Veränderungen durchzustehen.
Vieles verändert sich
Meine jahrelange Journaling-Erfahrung war mein Rettungsanker um all die Veränderungen, die mein Körper durchmacht, zu verarbeiten.
In meinem Journal finden sich zum Beispiel dutzende Einträge, in denen ich beklage, nicht mehr klar denken zu können. Ich hatte das Gefühl verrückt zu werden, konnte Gedanken auf einmal nicht mehr zu Ende denken. Auch meine Konzentrationsfähigkeit litt.
Erst im Zuge der Recherche für mein Buch fand ich heraus, dass Östrogen nicht nur unsere Fruchtbarkeit steuert und beeinflusst. Auch unser Gehirn reagiert auf den sinkenden Östrogenspiegel, indem wir vorübergehend tatsächlich nicht mehr klar denken können – der sogenannte Gedankennebel/Brain Fog ist also keine Einbildung, sondern ein tatsächliches Symptom der Wechseljahre. Die Veränderungen in unserem Gehirn während der Wechseljahre sind ähnlich massiv wie während der Pubertät, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Während uns in der Pubertät der Anstieg von Hormonen durcheinanderbringt, ist es im Wechsel eben der sinkende Hormonspiegel. Wenn unser Körper nicht mehr ständig mit der Verarbeitung und dem Ausgleich der wechselnden Hormoneinflüsse von Östrogen und Progesteron zu tun hat, werden wir resilienter für alltägliche Herausforderungen. Das bietet eine große Chance, um die zweite Lebenshälfte kreativ zu gestalten.
Darum beginnen viele Frauen in den Wechseljahren ihr bisheriges Leben zu hinterfragen. Der Wunsch nach Veränderung wird groß – sei es, weil die Kinder aus dem Gröbsten raus sind und sich neue zeitliche Ressourcen für die Frauen auftun. Oder der bisherige Job wird langweilig und neue Herausforderungen werden gesucht.
Bei all diesen Veränderungen ist Schreiben eine wunderbare Methode – um die neuen Wege zu reflektieren und gefahrenlos am Papier durchzuspielen, wohin die Reise gehen kann.
Schreien vor Wut
Ende Oktober erscheint mein Buch »Neubeginn Wechseljahre. Wie du mit Schreiben deine beste Lebensphase gestaltest« im Verlag punktgenau. Darin gehe ich auf die verschiedenen Aspekte der Wechseljahre ein und gebe zu vielen Anlässen, die uns in dieser Zeit begegnen Schreibimpulse.
Was mich an diesem Veränderungsprozess selbst überrascht hat, war die Wucht meiner Gefühle. Kleinigkeiten brachten mich auf einmal zur Raserei. Ich sah im wahrsten Sinne des Wortes rot. Es gab Situationen, da verlor ich tatsächlich die Fassung und ließ meine Wut einfach raus, sagte ungeschminkt, was ich mir dachte. Nachdem auch mir lang genug gesagt wurde, es sei unprofessionell meine Gefühle zu zeigen, hatte ich es auf einmal satt mich zu beherrschen. Ich schwieg nicht mehr zu Aussagen oder Verhalten anderer Personen, das mich ärgerte, sondern sprach an, was mich störte.
Nach solchen Situationen war es aber gut in meinem Journal zu reflektieren, was mich so wütend oder manchmal auch traurig machte. Hier ein paar Schreibimpulse, die mir dabei geholfen haben:
• Worauf weist mich diese Emotion hin?
• Warum bin ich jetzt wütend/traurig/ängstlich?
• Was ist der Auslöser und wie kann ich mit dem Auslöser umgehen?
• Wie kann ich die Energie der Emotion konstruktiv nutzen? Was kann ich verändern?
Wir gehören nicht zum alten Eisen
In der Pandemie habe ich aufgehört meine Haare zu färben. Da meine Haare rasch wachsen, musste ich alle 3-4 Wochen zur Frisörin und darauf hatte ich keine Lust. Also ließ ich mir zuerst eine graue Strähne stehen, dann folgte der mühsame Weg des rauswachsen lassen der Farbe.
Eine Reaktion, die mich in der Zeit überraschte: Ich wurde immer wieder gefragt, ob ich keine Angst hätte alt auszusehen mit den grauen Haaren. Ich verstand die Frage nicht, da ich wenig vom Jugend-Wahn halte. Ich bin jetzt 52 – warum soll ich so tun, als wäre ich Mitte 30? Außerdem sind heute Fünfzigjährige bei weiten aktiver und fitter als noch vor einigen Jahrzehnten.
Untersuchungen zeigen, dass wir ab Ende 40/Anfang 50 erst so richtig kreativ werden. Denn Kreativität hat viel mit Erfahrung und Know-how zu tun. Wir haben die besten kreativen Ideen in Bereichen, in denen wir uns gut auskennen.
Schon mal eine*n Nobelpreisträger*in mit Anfang 20 gesehen? Eben! Die meisten sind 50+, weil sie dann ihr Fachgebiet in der notwendigen Tiefe erforscht haben und diese Kenntnisse dann den Durchbruch und Geistesblitz bringen.
Für mich ist Schreiben in den Wechseljahren der sichere Raum, in dem ich all die Veränderungen reflektieren und meinen weiteren Weg überlegen kann. Denn ich habe noch viel vor – und weiß durch das Schreiben auch sehr genau, was ich nicht mehr will und wofür ich meine Energie nicht mehr aufwenden werde.
Wer mehr über die Wechseljahre erfahren will und in mein Ende Oktober erscheinendes Buch schon reinschauen will, auf der Seite meines Verlages, gibt es eine Leseprobe.
Am 24. November 2023 um 18:30 Uhr präsentiere ich das Buch im Café Museum in Wien. Am 29. November gibt es eine Online-Buchpräsentation über Zoom. Anmeldungen dafür bitte an: autorin@michaela-muschitz.at
Ab Ende November ist ein Online-Kurs für Frauen in den Wechseljahren auf meiner Webseite verfügbar.
Die Wechseljahre sind eine mühsame Phase, aber auch eine große Möglichkeit. Schreiben hilft uns diese Veränderungen durchzustehen und uns in eine spannende Richtung weiterzuentwickeln.
In diesem Sinne: Keep writing!
Michaela Muschitz
Michaela Muschitz
ist seit 2005 selbstständige Schreibtrainerin, Autorin und Coach. Heute nutzt sie all diese Erfahrungen, um Menschen dabei zu begleiten sich neu zu orientieren und das zu tun, was sie wirklich tun wollen. Sie gibt ihnen mit dem Schreiben ein Handwerkzeug, das ihnen in der Umbruchphase hilft herauszufinden, wo die Reise hingehen soll.
Außerdem ist sie Präsidentin des Vereins Personal Writing Community, in dem sie sich für die Vernetzung von Schreibtrainer*innnen, Poesietherapeut*innen und Coaches einsetzt. Der Verein möchte die Bedeutung des persönlichen Schreibens weiter verbreiten und dessen Wirkung möglichst vielen Menschen zugänglich machen.
Welche Erfahrungen hast du mit dem Schreiben in den Wechseljahren gemacht?
- Nutzt du das Schreiben in den Wechseljahren oder bei Veränderungsprozessen?
- Magst du deine diesbezüglichen Erfahrungen mit uns teilen?
- Wir freuen uns, über deinen Kommentar !
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Bildquellen: Foto ©Andreas Kostron, Canva