Das vierte Interview unserer Reihe “Autor*innen im Gespräch” führten wir mit der Journalistin und nebenberuflichen Autorin Barbara Wimmer. Ihr erster Kriminalroman “Tödlicher Crash”* wurde am 8. April 2020 veröffentlicht. Update: Im August 2022 folgte “Jagd im Wiener Netz”*.
Wir sprachen u. a. über
- die Herausforderung eine Idee loszulassen,
- den schwierigen Weg der Verlagssuche – Scheitern inbegriffen,
- hilfreiche Netzwerke,
- das Plotten mit der “Snowflake”-Methode und
- wie hart es war, durchzuhalten!
Vorstellung:
Mein Name ist Barbara, ich bin seit 15 Jahren hauptberuflich Journalistin und seit einigen Jahren nebenberuflich Autorin. Ich beschäftige mich vor allem damit, wie Technologie die Gesellschaft verändert und berichte über Digitalisierung und Netzpolitik. Dieses Wissen und diese Themen fließen auch in meine Arbeit als Autorin ein.
1. Wie ist dein Bezug/Zugang zum Schreiben und wie lange schreibst du schon?
Meinen ersten Roman habe ich bereits mit 14 geschrieben, mit 16 hatte ich den zweiten geschrieben und diesen auch an Verlage verschickt. Ich habe gerne Figuren und Geschichten entworfen und auch ausgeführt. Damals galt man als Jugendlicher allerdings nicht als relevant, und mir wurde stattdessen nahegelegt, es doch mit Gedichten und Wettbewerben zu versuchen. Während meines Studiums habe ich den Fokus weg vom Schreiben hin zum Musik machen verlegt und den Wunsch, Bücher zu veröffentlichen und Autorin zu werden, auf die lange Bank geschoben. Alles gleichzeitig geht nun einmal nicht. Erst vor wenigen Jahren habe ich dann die bewusste Entscheidung getroffen, mich von der Musik zu trennen, und mich stattdessen rein auf das Schreiben zu fokussieren.
2. Wann hattest du die Idee, ein bzw. das Buch “Tödlicher Crash” zu schreiben? Wie kam es dazu?
Die Idee für „Tödlicher Crash“* hatte ich im Sommer 2015. Davor hielt ich lange Zeit an einer anderen Idee fest, die ich nicht loslassen, aber auch nicht umsetzen konnte. Irgendwas hatte mich gehemmt. Es dauerte nach dem Loslassen nur wenige Tage, bis ich dann tatsächlich die Inspiration für „Tödlicher Crash“ hatte. Auslöser war ein Gespräch im Alten AKH Wien mit einem befreundeten Hacker.
3. Wie hast Du den Schreibprozess angelegt? Hattest Du einen Buch-Projektplan? Wie lange hat es von der ersten Idee bis zur Fertigstellung des Buchs insgesamt gedauert?
Angefangen zu schreiben habe ich im Dezember 2015, also ich habe mir ein paar Monate Zeit genommen, um den Plot und die Charaktere zu entwickeln. Denn mir war klar, dass man nicht einfach so drauflos schreiben kann, obwohl ich das am liebsten voll motiviert gerne getan hätte.
Beim Plotten habe ich die „Snowflake“-Methode angewandt. Das bedeutet, ich habe ein Grundgerüst entwickelt, aber während des Schreibprozesses kamen mir neue Ideen und die habe ich dann aufgegriffen und den Plot als Ganzes angepasst. Bis das erste Manuskript mit 440 Seiten fertig war, verging ein Jahr.
Danach habe ich ein weiteres Jahr zur Überarbeitung aufgewandt. Ein Jahr klingt lang, aber defacto habe ich vor allem in meinen Urlaubswochen an dem Manuskript gearbeitet und zwar fast den ganzen Tag. Vom Schreibtyp her bin ich der Mensch, der nach einem intensiven 8-9h-Job lieber etwas Anderes macht, wie Bewegung, Tanzen, etc., als weiterzuschreiben. Deswegen habe ich mein Manuskript vor allem im „Urlaub“ bearbeitet.
4. Du schreibst als Journalistin Fachartikel für unterschiedliche Print- und Online-Medien: Wie gelingt Dir der Wechsel zum Kreativen Schreiben?
Ich wechsle in der Regel nicht hin und her, sondern konzentriere mich auf eines. Im Dayjob geht es um die sachlichen Artikel, beim kreativen Schreiben des Romans geht es ums Plotten, die Charaktere, die Dialoge. Ich brauche da eine klare Trennung der beiden Bereiche. Nur die Recherche läuft für beide Tätigkeiten etwa gleich ab. Denn bei so einer Art Kriminalroman, wie ich sie mit „Tödlicher Crash“ geschrieben habe, braucht man sehr viel Recherche.
5. Dein Kriminalroman „Tödlicher Crash“ erscheint im Gmeiner Verlag. Wie kam der Kontakt mit dem Verlag zustande?
Ich hatte zuerst bereits eine fixe mündliche Zusage eines anderen (Wiener) Verlags, doch dieser vertröstete mich mehrere Monate. Es lief dort alles sehr unprofessionell ab und der Verlagsleiter entpuppte sich als Choleriker. Von anderen Autoren wurde mir empfohlen, mich an den deutschsprachigen Markt zu wenden, denn mein Plot würde in Deutschland genauso gut funktionieren wie in Österreich. Ich entschied mich daraufhin, mich auf die Suche nach einer deutschen Literaturagentur zu begeben und bin daran grandios gescheitert. Ich bekam keine einzige Antwort von den vier ausgewählten Agenturen, die ich angeschrieben hatte. Daraufhin begann ich stattdessen wieder, Kontaktpersonen bei passenden Verlagen zu recherchieren.
Im Autorinnen-Netzwerk „Mörderische Schwestern“, bei dem ich seit einigen Jahren Mitglied bin, sind einige Schwestern beim Gmeiner Verlag. Sie meinten, dass mein Werk durchaus passen könnte. Ich bot daraufhin dem Verlag das mittlerweile fertige und überarbeitete Manuskript an. Vor knapp zwei Jahren bekam ich dann die Zusage, über die ich mich riesig gefreut hatte. Der Weg dorthin war nicht einfach für mich, aber ich habe durchgehend an mich geglaubt. Der Gmeiner Verlag hat viele erfolgreiche österreichische Krimi-Autorinnen und Autoren unter Vertrag und ich bin sehr glücklich, dass ich nun eine von ihnen bin.
6. Wäre Self-Publishing für dich eine Option gewesen?
Nein, derzeit nicht. Ich habe an dem Werk zwei Jahre gearbeitet, und ich bin als Einzelperson nicht in der Lage, mich auch noch um Vertrieb und Marketing im selben Umfang zu kümmern, wie ums Schreiben. Ich weiß noch von meiner Tätigkeit als Musikproduzentin, dass das ein Vollzeit-Job ist. Self-Publishing wäre für mich derzeit als Option interessant für Prosatexte, die ich „zwischendurch“ entwerfe – etwa kürze Geschichten im Umfang von 25-30 Seiten, aber nicht für ein Werk, an dem ich zwei Jahre gearbeitet habe.
7. Hast Du ein Korrektorat/Lektorat oder irgendeine Unterstützung bei Deinem Buchprojekt in Anspruch genommen?
Als Verlagsautorin arbeitest du mit dem Lektorinnen-Team des Verlags direkt zusammen. Nach meiner überarbeiteten Version des Romans kam das Lektorat des Verlags dran und die Version wurde noch mehrfach gründlich überarbeitet. Hier danke ich Claudia Senghaas, die ich mich als Lektorin beim Gmeiner Verlag professionell betreut hat.
8. Im Rückblick, gibt es etwas, das du mit deinem Wissen heute, in Bezug auf das Buchprojekt, anders machen würdest?
„Tödlicher Crash“ spielt in der nahen Zukunft. Ich weiß jetzt, warum es so wenige Autorinnen und Autoren gibt, die sich das trauen: Mehrere Ideen, die während des Schreibprozesses entstanden sind, wurden dann am Ende von der Realität überholt. Da musste ich mehrfach Anpassungen vornehmen. Ich würde daher beim nächsten Roman darauf achten, dass es weniger Anspielungen auf Ereignisse gibt, die mir als „aktuell“ erscheinen, möchte aber nach wie vor dem Technologie-Krimi-Schwerpunkt treu bleiben.
9. Hast du einen Tipp, worauf Menschen, die Schreiben möchten, achten sollen?
Das kommt ganz auf die Ausgangssituation an. Man sollte ich sich immer vorher überlegen, für wen man schreiben möchte. Für sich selbst, für seine Freunde und Familie oder für ein größeres Publikum. Es muss eine klare Entscheidung sein, für ein (unbekanntes) Publikum zu schreiben. Danach: Was möchte ich schreiben und warum? Ergo: Das Wichtigste ist, ganz genau zu wissen, was man eigentlich damit erreichen will.
Und dann noch ein Tipp, um beim kreativen Schreiben keine Blockade zu bekommen: Zuerst das von der Seele schreiben, was einen aktuell belastet- und danach kann man sich ganz seinem eigenen Projekt widmen!
10. Gibt es ein Schreibseminar, das du empfehlen kannst?
Ich kann das „writers studio“ empfehlen – dort findet jeder das passende Seminar für sich. Ich persönlich habe etwa mehrfach „Writers Retreats“ vom Writers Studio mit Ana Znidar gemacht, bei denen ich mich neben dem Schreiben auch mit anderen Autorinnen und Autoren über das Geschriebene austauschen konnte in „Feedback-Runden“. Die sind sehr hilfreich beim Prozess, ebenso wie die Strukturen, die man dabei erlernt. Bei der „Sommerakademie“ in Griechenland auf Zakynthos gibt es zudem immer Schreibseminare mit bekannten Autorinnen und Autoren, auch zum kreativen Schreiben. An diesen habe ich auch mehrfach teilgenommen. Sie inspirieren und öffnen den eigenen Blickwinkel.
11. Gibt es eine Lese-Empfehlung zum Thema Schreiben von deiner Seite?
Ich habe – im Gegensatz zu dutzenden Romanen, Krimis, etc. – keines der Schreib-Bücher zu Ende gelesen, sorry!
12. Wie hart war es, durchzuhalten?
Ich hatte einen eisernen Willen und sah mein Ziel ganz klar vor mir. Das hat mir geholfen. Aber ich muss zugeben, dass ich den Schreibprozess anfangs etwas unterschätzt hatte. Ich dachte wirklich, es sei einfach, ein Buch zu schreiben. Jetzt habe ich viel, viel mehr Respekt, weil ich weiß, was da alles dazugehört!
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Links:
Hier findest Du weitere Infos zu Barbara Wimmer:
Facebook unter https://www.facebook.com/BarbaraWimmerAutorin
Twitter unter https://twitter.com/shroombab
Blog: Auf https://shroombab.at/ bloggt Barbara über ihren Schreibprozess und hält euch über alle Veranstaltungen und Lesungen am Laufenden. Aufgrund der aktuellen Situation ist zum Buchstart eine „Online-Lesung“ geplant.
- Buch: Tödlicher Crash*
- Buch: Jagd im Wiener Netz*
Du hast die ersten drei Folgen unserer Interviewreihe “Autor*innen im Gespräch” versäumt? Hier kannst du sie nachlesen:
Interview 1: Alexander Greiner: “Als ich dem Tod in die Eier trat”
Interview 2: Klaus Rafenstein: “Der Weg zur exzellenten Führungskraft – Leuchtturm sein!”
Interview 3: Lena Raubaum: “Die Knotenlöserin”, “Qualle im Krankenhaus”, Qualle im Tierheim”
Weitere Interviews findest du hier: Übersicht alle Interviews
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Bildquellen: Fotocredit: Joanna Pianka; Cover: Gmeiner Verlag
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